Carillon-Musik

Musikalisch ist das Carillon äußerst vielseitig. Auf diesem Instrument ist jede Musik von Barock bis Rock, von Bach bis zu den Beatles zu hören. Ob sich ein Stück für Carillon eignet, ist nicht so sehr eine Frage des Musikstils, sondern eine Frage des Arrangements. In jedem Fall steht vor der konzertanten Aufführung eines Stücks am Carillon die Transkription. Der Originalsatz eines Stücks eignet sich praktisch nie, um unverändert am Carillon gespielt zu werden. Das Hauptproblem besteht darin, dass Stücke, die ursprünglich für ein anderes Instrument oder für ein Ensemble komponiert wurden, zu viele Noten aufweisen. 1:1 auf das Carillon übertragen, würde dies einen "zähen Klangbrei" ergeben.

Das zweite Problem besteht darin, dass Glocken ein ganz besonderes Klangspektrum aufweisen. Das Klangspektrum eines Musikinstruments wird immer durch seine Obertonreihe bestimmt. Die Obertonreihe einer Glocke ist dabei von der kleinen Terz dominiert, d.h., schlägt man bspw. eine C-Glocke an, ist im Klang dieser Glocke das darüber liegende Es besonders deutlich zu hören. Dieser Effekt führt dazu, dass Stücke, die in einer Dur-Tonart komponiert sind, besonders schwer auf Carillon übertragbar sind.

Angesichts dieser Schwierigkeiten war es nur natürlich, dass einige Komponisten bereits früh begannen, direkt für Carillon zu komponieren. Dadurch entfällt zum einen der mühsame Transkriptionsprozess, zum anderen können dadurch die speziellen Klangeigenheiten des Carillons besonders gut genutzt werden. Zwar hinterließ von den namhaften Komponisten lediglich Georg Friedrich Händel ein nennenswertes Werk für Carillon. Doch gab es andere, außerhalb der Carillon-Welt weniger bekannte Komponisten, die schon früh richtungsweisende und zeitlose Musik schufen. Allen voran ist der Belgier Matthias van den Gheyn (1721-1785) zu nennen, der heute gern als „Bach des Carillons“ bezeichnet wird und dessen Werk noch immer die wohl meistgespielte Carillon-Literatur darstellt. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts führte die Kompositionstradition für Carillon trotzdem ein Stiefkind-Dasein, was nicht zuletzt an der im Vergleich zu heute noch geringen Anzahl an Instrumenten sowie am mangelnden Interesse des akademischen Musikbetriebs am Carillon lag.

Dies änderte sich aber nach dem 2. Weltkrieg drastisch. Parallel zur schnellen Ausbreitung des Instruments erlebte die Kompositionskultur für Carillon seine bislang größte Blüte. Die Werke von zeitgenössischen Komponisten wie bspw. Staf Nees und Flor Peeters (Belgien), Leen t'Hart und Henk Badings (Niederlande) oder Gary White (USA) gehören inzwischen zu den populärsten Stücken, die auf dem Carillon gespielt werden.