Carillon: Funktions- und Spielweise

Zwischen dem Anschlagen von Carillon-Glocken und dem Anschlagen von herkömmlichen Läuteglocken bestehen grundsätzliche Unterschiede: traditionell werden Läuteglocken an einem beweglichen Joch aufgehängt, das zusammen mit der Glocke in Rotation versetzt wird. Bei der Rotation schlägt der beweglich in der Glocke aufgehängte Klöppel durch seine Trägheit die Glocke an der Innenseite an. Heutzutage ist es meist so, dass die Glocke zum Uhrschlag nicht mehr geschwungen wird, sondern unbeweglich bleibt und von einem automatisch bedienten Hammer an der Außenseite angeschlagen wird.

Bei Carillons gilt: Carillon-Glocken sind immer starr aufgehängt und werden immer an der Innenseite angeschlagen. Die Mechanik zum Anschlagen von Carillon-Glocken ist dabei ein verhältnismäßig einfaches System: die Glocken eines Carillons sind mit der Öffnung nach unten fest an einem tragenden Gerüst (dem sog. Glockenstuhl) montiert. Zur Bedienung der Klöppel existiert eine Spieleinrichtung aus Tasten und Pedalen, die auch Stockklavier, Spieltisch oder Spielklavier genannt wird (häufig wird im Deutschen auch der niederländische Ausdruck Stokkenklavier verwendet). Zur Verbindung zwischen den Tasten und Pedalen des Stockklaviers einerseits und den Klöppeln andererseits existiert ein Zugsystem aus Drähten (auch Traktur genannt). Jede Taste bzw. jedes Pedal ist dabei mit jeweils einem Klöppel verbunden. Da die Glocken an beliebiger Stelle relativ zum Stockklavier angebracht sein können, ist es zumeist nicht möglich, einen einzigen Draht von Taste/Pedal zum Klöppel zu führen. Dann wird das Zugsystem von Taste/Pedal zum Klöppel aus mehreren Drahtabschnitten zusammengesetzt, die zur Kraftumlenkung durch Kipphebel miteinander verbunden sind. Am Klöppel selbst befindet sich schließlich eine Rückholfeder, die den Klöppel nach dem Anschlag in seine definierte Ausgangsposition zurückbewegt.

Das Stockklavier ähnelt in gewisser Weise der Spieleinrichtung einer Orgel, jedenfalls in dem Sinn, dass es ebenfalls Tasten und Pedale besitzt. Die Tasten sind aber nicht wie bei der Orgel dicht beieinanderliegende, flache Tasten, die mit den Fingern bedient werden. Es handelt sich hierbei hingegen um runde Holzstäbe, die einen horizontalen Abstand von ca. 5 cm untereinander aufweisen. Bei der Bespielung des Instruments werden diese Holzstäbe dabei vom Carillonneur mit der Faust heruntergedrückt. Dabei hat der Carillonneur die Möglichkeit, Kraft und Geschwindigkeit, mit der er die Tasten/Pedale betätigt, beliebig zu dosieren. Die daraus resultierende variierbare Lautstärke beim Anschlag von Carillon-Glocken führt dazu, dass sich Carillon-Musik deutlich hörbar vom Geläut eines automatischen Glockenspiels unterscheidet.

Überschätzt wird vom Laien dabei häufig der Kraftaufwand, der nötig ist, um Tasten und Pedale herunterzudrücken. Man muss sich hierbei bewusst machen, dass durch Drücken der Tasten und Pedale nicht die Glocken selbst, sondern nur die Klöppel im Inneren der Glocke bewegt werden müssen. Diese wiegen im Höchstfall einige wenige Kilo.